Gute Stube

Neugestaltung Rathausplatz, Schwarzenbach an der Saale

Auch die Neugestaltung des Rathaushofes in Schwarzenbach an der Saale ist ein Ergebnis jenes 2005 beschlossenen Interkommunalen Entwicklungskonzeptes „Zukunft Nördliches Fichtelgebirge“ (IEK), von dem bereits mehrfach in diesem Buch die Rede war. Die vom IEK angestrebte Attraktivitätssteigerung des Ortskerns hieß für die 7000-Einwohner-Stadt, die bereits zum Hofer Land gehört, die Aufwertung der Stadt-, Straßen- und Landschaftsräume vom ehemaligen Bahnhof im Süden über die Saaleaue und das ehemalige, heute als Rathaus genutzte Schloss bis zum Siedlungskern rund um den Marktplatz und den Kirchberg. Schon 2006 hatte die Stadt die Bahnhofsstraße gestalterisch aufgewertet, 2008 dann lobte sie einen „Städtebaulichen Wettbewerb vom Rathaus zum Bahnhof“ aus: Im Ideenteil war eine „strategische Vernetzung innerstädtischer Freiräume“ gefragt, im Realisierungsteil sollte der Platz zwischen Rathaus und Saaleaue, der sogenannte Rathaushof, umfassend neu geordnet werden. Zwar belegte der Beitrag von Peter Kuchenreuther und Marion Schlichtiger und ihren Teams nur den zweiten Rang, doch der Schwarzenbacher Stadtrat war so begeistert von diesem Vorschlag, dass er beschloss, den Kuchenreuther-Schlichtiger-Entwurf umzusetzen.

Charakteristisch an dem Entwurf – und eben auch an der Umsetzung – war die konsequente Trennung der Funktionsbereiche Aufenthalt und Fahrverkehr. Im westlichen Teil, in der Ludwigstraße, wurde die Breite der Fahrbahn geringfügig reduziert, ein Gehweg entlang des Rathauses und eine Bushaltestelle mit Wartehäuschen geschaffen. Darüber hinaus wurden die Bodenbeläge – u.a. mit ortstypischem Granit – so angeglichen, dass die Anmutung der Ludwigstraße als eine konsequente Fortsetzung der sanierten Bahnhofstraße erscheint. Der eigentlich sehr schön am Saaleufer gelegene, vor Verkehr und Lärm geschützte Rathaushof wurde vor der Neugestaltung als Parkplatz ohne jede Aufenthaltsqualität genutzt. Die Architekten schlossen eine von zwei Zufahrten, schufen 32 mit Granit-Rasenpflaster markierte, mit Hecken und Büschen eingegrünte Stellplätze und trennten mittels schmaler Stahlpoller den übrigen Platzbereich ab. Dieser ist seit der Neugestaltung den Bürgern der Stadt und ihren Gästen als Veranstaltungsbereich für Märkte, Feste, Konzerte oder Theateraufführungen vorbehalten.

Für die Funktion als zentraler Stadtplatz wurde die gesamte Platzfläche auf ein Niveau gebracht und eine Veranstaltungsstruktur geschaffen: Zur Anlieferung sind besagte Poller herausnehmbar, hinter den Stellplätzen gibt es nun einen kleinen Pavillon, in dem eine öffentliche Toilettenanlage, aber auch ein Lager für Mobiliar etc. untergebracht ist. Störendes Element in der gesamten Anlage stellt eine hüfthohe Hochwasserschutzmauer dar, die zwar notwendig ist, aber leider den Grünzug der Flussaue vom Rathausplatz trennt. Um beide Bereiche zu verbinden, entwickelten die Architekten die Idee, eine Plattform zu bauen, die gleichsam über der Mauer schwebt. Diese Plattform ist variabel nutzbar: Sie stellt einen Focus auf dem Rathausplatz dar, kann als Veranstaltungsbühne mit entsprechender Veranstaltungstechnik verwendet werden und bietet darüber hinaus einen attraktiven Aufenthalts- und Verweilbereich mit einem wunderbaren Blick zur Saale. Zusätzlich wurde eine filigrane Textilarchitektur als Sonnenüberdachung errichtet, für Bühnenauftritte besteht die Möglichkeit die Rück- und Seitenflächen durch textile Seitenteile zu schließen.

Die großformatigen Granitplatten auf dem Boden wurden radial zur Bühne verlegt. Auch der Geh- und Aufenthaltsbereich zwischen der Hochwasserschutzmauer und dem Saaleuferbereich wurde mit ebenfalls großformatigen Granitplatten eingefasst. Eine Reihe von Punkt- und Flächenstrahlern sowie elegante Leuchten inszeniert die ganze Szenerie auch nachts effektvoll. Zusätzlich wurde an zwei berühmte Einwohner gedacht: Mit einem Denkmal an Jean Paul, der knapp sieben Jahre in der Saalestadt verbrachte. Und mit mehreren Infotafeln an die Micky-Maus-Übersetzerin und Schöpferin des „Erikativs“ Erika Fuchs, die sogar mehr fünf Jahrzehnte in Schwarzenbach wohnte. (Wenige Jahre später beschloss der Stadtrat die Errichtung eines Dr. Erika-Fuchs-Hauses, das seit 2015 Comicfreunde, Schwarzenbacher und Touristen erfreut.) Mit all den architektonischen Interventionen und Detaillösungen ist in Verbindung mit dem denkmalgeschützten Rathaus eine gute Stube entstanden, die Geschichte, Kultur und Flusslandschaft zu einem Ort demokratischer Selbstrepräsentation verbindet.

STANDORT:
Rathausplatz, Fleischgasse, Ludwigstraße, Jean-Paul-Straße
95126 Schwarzenbach an der Saale

BAUHERR:
Stadt Schwarzenbach an der Saale
Ludwigstraße 4
95126 Schwarzenbach an der Saale

PROJEKTTEAM:
Kuchenreuther Architekten Stadtplaner, Marktredwitz
Marion Schlichtiger Landschaftsarchitektur, Wunsiedel

PROJEKTLEITER:
Ralf Köferl