Naturnah

Kornberghaus, Selb, Martinlamitzer Forst-Nord

Der Große Kornberg mit seinem 827 Meter hohen Gipfel ist laut der Online-Enzyklopädie Wikipedia der nordöstliche „Eckpfeiler“ des Fichtelgebirges. Vor allem das kleine Skizentrum mit zwei Pisten, einem Übungshang und entsprechenden Liften, dessen Anfänge in die 1960er-Jahre zurückreichen, ist bei den Bewohnern der Region beliebt. Die Bürger der Kommunen am Fuße dieses Bergrückens – Selb, Schönwald, Rehau, Schwarzenbach an der Saale, Kirchenlamitz, Marktleuthen und Spielberg – betrachten ihn deshalb auch als ihrem Hausberg. Doch der Klimawandel macht auch vor dem Fichtelgebirge nicht halt, die Anzahl der Skitage pro Saison wird geringer. Und so kreisten die Gedanken der politisch Verantwortlichen der Region schon länger darum, wie man die bestehende Infrastruktur auch in schneefreien Monaten ausnutzen und damit den Tourismus stärker beleben kann. Schließlich kam man auf die Idee, eine „Basecamp“ genannte Station für Mountainbiker sowie einen pädagogischen Bewegungspark für Kinder und Senioren anzulegen. Die Landratsämter Hof und Wunsiedel gründeten 2018 mit Unterstützung besagter Kommunen einen „Zweckverband Naherholungs- und Tourismusgebiet Großer Kornberg“, der auch den dazu notwendigen technischen Ausbau – Verkehrserschließung, Wasserleitungen, Breitbandausbau etc. – übernimmt.

Freilich stießen die Pläne auf Widerspruch von Naturschützern und Bürgerinitiativen. Vor allem die erwarteten 10.000 Besucher pro Jahr und die Anlage der „Trails“ genannten Radfahrstrecken – zehn Kilometer sind geplant – werden kritisch gesehen. Der Zweckverband hatte eine Umweltverträglichkeitsprüfung und eine spezielle Artenschutzprüfung in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse im Oktober 2020 vorgestellt wurden. Beide Gutachten sehen „unter Berücksichtigung der Vermeidungs-, Gestaltungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen“ keine Bedenken, dennoch sollen, betonen der Wunsiedler Landrat und Zweckverbandsvorsitzende Peter Berek wie sein Hofer Kollege Oliver Bär, die Anregungen der Umweltschützer aufgenommen und ihre Bedenken berücksichtigt werden. Auch soll ein Dialog zwischen Naturschutz- und Bikerverbänden stattfinden. Ende Juni 2020 sagte der Zweckverbandsvorsitzende: „Wir bauen ganz sanft ein Aushängeschild für das Fichtelgebirge.“ Dies tat Berek anlässlich des Richtfestes des neuen Kornberghauses, dessen Planung das Büro Kuchenreuther verantwortet. An der Talstation des Skilifts, der künftig im Sommer Radfahrer in die Höhe bringen soll, wurde der Ende des Jahres 2020 fertiggestellte Neubau an Stelle der Kornberghütte errichtet.

Er ist ein Multifunktionsgebäude und sieht Flächen für Gastronomie inklusive Nebenräumen, Radverleih mit Werkstatt und Shop, öffentliche Toiletten und Räume für erste Hilfe vor. Der Vergleich mit dem Waldhaus Mehlmeisel liegt nahe und hilft den Blick zu schärfen: Denn im Gegensatz zur Waldkathedrale in Mehlmeisel, die in die Höhe strebend den Wald feierte, duckt sich das Kornberghaus in den Bergrücken. So als hätte es die Kritik der Naturschützer schon vorweggenommen. Viel breiter und niedriger als hoch, mit einer äußerst geringen Satteldachneigung, kommt eine gedämmte Holzständerkonstruktion zum Einsatz, die außen wie innen eine Boden-Decken-Beplankung mit Holz erfährt. Um alle neuen Funktionen unterzubringen, ist der Neubau etwa ein Drittel größer als der Altbau. Er übernimmt aber in seiner Gestaltung bewusst einige Elemente des Altbaus, um, wie Peter Kuchenreuther beim Richtfest erläuterte, „die Stimmung von früher rüber(zu)bringen“. Eine markante Übereck-Verglasung und eine wettergeschützte Terrasse, von der man das sportliche Treiben im Umfeld beobachten kann, ein robuster Estrich-Bodenbelag und auffallend silbrig schimmernde Kacheln auf dem nämlichen Ofen zeugen aber von der Zeitgenossenschaft des Gebäudes. Die Bürgermeister der Kommunen war laut Frankenpost jedenfalls begeistert. Für Schönwalds Bürgermeister Klaus Jaschke ist das Haus ein „Meilenstein in der Entwicklung des Kornbergs“. Sein Schwarzenbacher Kollege Hans-Peter Baumann berichtet von Investitionen, die in seiner Kommune aufgrund der Aktivitäten am Kornberg getätigt wurden. Und Thomas Schwarz, Rathauschef in Kirchenlamitz, sieht im Kornberghaus eine „Abrundung für unsere Investitionen wie Infozentrum Epprechtstein, Hammerscheune Niederlamitz oder Granitlabyrinth“.

STANDORT:
Martinlamitzer Forst-Nord

BAUHERR:
Zweckverband Naherholungs- und Tourismusgebiet Großer Kornberg
Schaumbergstraße 14
95032 Hof

PROJEKTLEITERIN:
Susann Schäfer