Leib- und Seelentankstelle

Granitlabyrinth Epprechtstein, Kirchenlamitz

Goethe widmete dieser „merkwürdigen Steinart“ sogar eine kurze kulturwissenschaftliche Abhandlung. Dreimal wanderte der Meister durchs Fichtelgebirge, an Charlotte von Stein schrieb er: „Der Granit lässt mich nicht mehr los.“ Auch Kirchenlamitz wird den Granit nicht los. Zwei Natursteinbetriebe arbeiten noch in der Gemarkung der 3300-Einwohner-Gemeinde. Über die reiche Geschichte der Granitgewinnung und -bearbeitung am Epprechtstein berichtet sehr eindrucksvoll der „Steinbruch-Rundwanderweg“, der vorbei an alten Mauern und Abraumhalden zu sechs aufgelassenen, von der Natur längst wieder zurückeroberten Steinbrüchen führt. Eine Pulverkammer, ein Schutzunterstand und eine Verladerampe liegen am teilweise wild gewundenen Weg, der oben auf der befestigten Burgruine einen fantastischen Rundblick über das östliche Fichtelgebirge bietet. Höhepunkt und krönender Abschluss ist das 2009 errichtete Granitlabyrinth, dessen Idee von Willi Seiler, langjähriger Lehrer an der Wunsiedler Steinmetzschule, stammt und vom Büro Kuchenreuther geplant wurde.

Schon der Standort ist traditionsreich: ein ehemaliger Werkplatz einer Natursteinfirma, wovon Relikte wie verwitterte Grabsteine, handtellergroße Ösen, angerostete Transportschienen und halbfertige Türgewände zeugen. Das Labyrinth selbst nimmt eine Grundfläche von 34 x 34 m ein, besteht aus 130 unbearbeiteten Granitblöcken, die jeweils 3 m lang und 1,20 bzw. 0,60 m (die inneren Blöcke) hoch und bis zu 10 Tonnen schwer sind. Es wird durch ein erkennbares Achsenkreuz in vier Quartiere aufgeteilt, die auf dem Weg zur Mitte zu durchschreiten sind. Diese Achsen weisen in die vier Himmelsrichtungen, womit der ganze Kosmos in die Anlage einbezogen wird. Im Zentrum steht ein 5 m hoher Obelisk aus Epprechtsteingranit. 400 Meter muss man gehen, um am Ende eines vielfach verschlungenen Pfades in dieses Zentrum zu kommen. Seiler und Kuchenreuther sprechen von „begehbarer Land-Art“. Neben dem Felsenlabyrinth an der Luisenburg, dem winterlichen Schneelabyrinth in Gefrees gibt es nun ein Granitlabyrinth bei Kirchenlamitz, das unter dem Motto „Eine Tankstelle für Leib und Seele“ steht und zur Besinnung einlädt.

STANDORT:
Vorderes Buchhaus 9 (gegenu?ber Gasthaus zur Waldschmiede)
95158 Kirchenlamitz

BAUHERR:
Stadt Kirchenlamitz
Marktplatz 3
95158 Kirchenlamitz

KÜNSTLERISCHE IDEE:
Willi Seiler, Wunsiedel

PROJEKTLEITER:
Peter Kuchenreuther